W wie Wärmewende
Deutschland soll bis 2045 treibhausgasneutral werden. Ab dann soll die Wärme zum Heizen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Die Wärmewende ist eine Mammutaufgabe, die nur gelingen kann, wenn alle mitmachen.
Um dem menschengemachten Klimawandel zu begegnen und die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, hat sich die Bundesrepublik als einer von 195 Staaten im Rahmen des Pariser Klimaabkommens 2015 verpflichtet, bis 2045 treibhausgasneutral zu werden.
Das soll mithilfe der Energiewende gelingen: weg von fossilen Energieträgern wie Öl, Erdgas und Kohle, bei deren Gewinnung, Transport und Verbrennung klimaschädliche Treibhausgase entstehen, hin zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energiequellen. Wind- und Solarenergie wird eine zentrale Rolle zukommen, daneben ergänzen Biomasse, Wasserkraft, Abwärme und Geothermie den zukünftigen Energiemix.

Ohne Wärmewende keine Energiewende
Die Wärmewende ist essenziell für das Gelingen der Energiewende, denn über 50 Prozent der Energie werden laut Umweltbundesamt in Deutschland für die Wärmeerzeugung eingesetzt. In Privathaushalten werden sogar über 90 Prozent der Energie für Wärme wie Heizung, Warmwasser und Klimatisierung aufgewendet – mit rund zwei Dritteln entfällt der Löwenanteil dabei auf das Heizen. Dabei wird, wie eine Auswertung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zeigt, die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland mit Gas beheizt, in einem Viertel der Wohnungen kommt Heizöl zum Einsatz und 14 Prozent beziehen Fernwärme. In Braunschweig liegt der Fernwärmeanteil bei der Wärmeversorgung bei deutlich mehr als 30 Prozent, rund 60.000 Haushalte, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen versorgt BS|ENERGY in der Löwenstadt bereits mit Fernwärme.
Der Weg zur Treibhausgasneutralität
Das im Januar 2024 verabschiedete Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze, kurz auch als Wärmeplanungsgesetz bekannt, verpflichtet Kommunen, Städte und Gemeinden, konkrete Pläne zu erstellen, wie sie die Wärmeversorgung künftig gestalten wollen. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, wie Braunschweig, haben hierfür bis zum 30. Juni 2026 Zeit. Parallel zur kommunalen Wärmeplanung der Stadt Braunschweig entwickelt BS|ENERGY einen Transformationsplan für die Wärmeversorgung, der Ziele für die Jahre 2030, 2035, 2040 und 2045 darstellt und den Weg dorthin technisch und wirtschaftlich skizziert.
Ein zentrales Ziel ist es, den Anteil der Fernwärme an der Braunschweiger Wärmeversorgung deutlich zu steigern und weitere Teile des Stadtgebiets zu erschließen. Welche regenerativen Energiequellen in Braunschweig das größte Potenzial bieten und wie diese zukünftig genutzt werden können, untersucht BS|ENERGY aktuell intensiv.
„Um das ambitionierte Ziel der Treibhausgasneutralität zu erreichen, setzt BS|ENERGY auf die Umstellung unserer Erzeugungsanlagen auf erneuerbare Wärme und den Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze.“
Dr. Volker Lang
Vorstand von BS|ENERGY
Schon einiges erreicht …
Laut Kohleausstiegsgesetz soll bis spätestens 2038 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz gehen. In Braunschweig ist die Strom- und Wärmeerzeugung aus Kohle bereits seit einem Jahr Geschichte, im April 2024 hat BS|ENERGY das Steinkohle-Heizkraftwerk am Standort Mitte außer Betrieb genommen. Möglich wurde dies durch die Modernisierung und den Neubau des Heizkraftwerks mit der größten Investition in der Firmengeschichte von BS|ENERGY in Höhe von rund 250 Millionen Euro.
In dem neuen Biomasse-Heizkraftwerk mit dem Hauptbrennstoff Altholz wird in effizienter Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme erzeugt. Außerdem kommen viele Technologien, die eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung ermöglichen, in Braunschweig bereits zum Einsatz.

Im Stadtgebiet betreibt BS|ENERGY zahlreiche Quartierslösungen, die sogenannten Energieeffizienz-Quartiere (EEQ), die Strom und Wärme vor Ort erzeugen. Diese dezentralen Anlagen werden bereits heute teilweise aus erneuerbaren Energien gespeist, im Rahmen der Dekarbonisierung sollen künftig möglichst ausschließlich erneuerbare Energieträger zum Einsatz kommen. So nutzt das EEQ „Heinrich der Löwe“ in Rautheim bereits unter anderem die Abwärme eines benachbarten Rechenzentrums, um rund 680 Wohneinheiten mit Wärme zu versorgen.
Die Wärmeversorgung von mehreren hundert Haushalten, Gewerbeeinheiten sowie Liegenschaften der Stadt Braunschweig und des Landes Niedersachsen in den Stadtteilen Gliesmarode und Querum erfolgt über das EEQ Hungerkamp. Dort erzeugt ein Biomasse-Kessel, der mit Holzhackschnitzeln aus der Landschaftspflege befeuert wird, in Kombination mit einem Biomethan-Blockheizkraftwerk in Kraft-Wärme-Kopplung effizient und umweltschonend Strom und Wärme.
Im Braunschweiger Norden entsteht derzeit das Neubaugebiet Wenden-West, die Wärmeversorgung des Quartiers mit 880 Wohneinheiten einschließlich zweier Schulen soll vollständig über erneuerbare Energiequellen erfolgen. Geplant sind Großwärmepumpen, die sowohl Wärme aus oberflächennaher Geothermie, als auch aus der Umgebungsluft ziehen und somit mehrere regenerative Wärmequellen nutzen.
… und noch viel zu tun
Neben der Modernisierung der Erzeugungsanlagen und dem Um- und Ausbau der Wärmenetze muss auch die Stromnetzinfrastruktur für die Zukunft ertüchtigt werden. Der künftige Energiemix wird sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen zusammensetzen. Schwankende Energieerzeugung und -verbräuche müssen intelligent gesteuert und Ineffizienzen vermieden werden. Es gilt, neue Speicherlösungen zu finden, intelligente Energienetze zu entwickeln, Energie effizienter und flexibler zu nutzen und die unterschiedlichen Sektoren wie Strom, Wärme und Mobilität miteinander zu koppeln. „Als regionaler Energieversorger ist es unser Ziel, unsere Kunden langfristig sicher, preisgünstig und treibhausgasneutral mit Wärme zu versorgen“, betont Dr. Volker Lang.
Neben verlässlichen politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene bedarf es auch der Bereitschaft der Braunschweiger Bürger, die Wärmewende mitzutragen.
Neben verlässlichen politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene bedarf es auch der Bereitschaft der Braunschweiger Bürger, die Wärmewende mitzutragen.
Dr. Volker Lang
Vorstand von BS|ENERGY
Wie betrifft mich das?
Manch einer fragt sich, was hat das mit mir zu tun, welche Pflichten und Rechte kommen auf mich zu und wie kann ich schon groß zum Gelingen der Wärmewende beitragen? Drei Beispiele …
Sie besitzen eine Immobilie?
Als Eigentümer sind Sie laut Gebäudeenergiegesetz (GEG) bis 2045 gesetzlich verpflichtet, ihre Wärmeversorgung zu dekarbonisieren. Wenn Sie Fernwärme beziehen oder an ein Nahwärmenetz angeschlossen sind, übernimmt das BS|ENERGY für Sie. Bestehende Öl- und Gasheizungen können bis zum 31.12.2044 weiter genutzt werden, solange sie funktionsfähig sind. Wenn bei einem Defekt die Reparatur möglich ist, muss ebenfalls kein Heizungsaustausch erfolgen. Ist eine Reparatur allerdings nicht möglich, muss die neue Wärmeversorgung mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie nutzen. Sie können beim Umstieg frei zwischen unterschiedlichen Technologien wählen.
Sie wollen ein Haus bauen?
In Neubaugebieten muss seit dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie nutzen. Für Neubauten, die im Bestand errichtet werden, gilt diese Vorgabe erst ab dem 30. Juni 2026.
Sie wohnen zur Miete?
Um die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung müssen Sie sich nicht selbst kümmern, das übernimmt ihr Vermieter. Von ihm erfahren Sie, ob und wann eine Umstellung auf eine klimafreundliche Heizung geplant ist. Gut zu wissen: Zum Schutz von Mietern dürfen Vermieter aktuell nur bis zu zehn Prozent der Kosten für den Heizungsaustausch umlegen. Die monatliche Kaltmiete darf pro Quadratmeter und Monat um maximal 50 Cent angehoben werden. Hat der Vermieter eine Förderung vom Bund erhalten, muss die Fördersumme von der gesamten Modernisierungssumme abgezogen werden, bevor die Kosten umgelegt werden dürfen. Durch energieeffizientes Verhalten können Sie aktiv zur Wärmewende beitragen. Denn je weniger Sie heizen, desto mehr Energie sparen Sie – und senken gleichzeitig auch Ihre Kosten.

Sie haben noch Fragen?
Zusammen mit BS|ENERGY bietet die Stadt Braunschweig kostenlose Energieberatungen rund um die Themen Energiesparen, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien an. Termine können telefonisch unter 0531 470-3948, per E-Mail an energieberatung@braunschweig.de oder über die Webseite www.braunschweig.de/energieberatung vereinbart werden.
Praktische Energiespartipps finden Sie auf www.bs-energy.de.
Was ist was?
Der Klimawandel und die Energiewende sind in aller Munde. Laut Klimaschutzgesetz muss Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral sein, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. In Nachrichten und Werbeversprechen ist auch von klimaneutral oder CO2-Neutralität die Rede. Drei verschiedene Begriffe, die in politischen Debatten und alltäglichen Diskussionen oft vermischt werden. Was verbirgt sich hinter den Begriffen?

CO2-Neutral
… bedeutet, dass die durch den Menschen und sein Handeln ausgestoßenen Kohlendioxid-(CO2)-Emissionen bilanziell null betragen. Das wird erreicht, indem CO2-Emissionen reduziert und unvermeidbare Emissionen kompensiert werden. Das kann zum Beispiel durch Aufforstung von Wäldern und Renaturierung von Mooren, die CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und langfristig speichern, erreicht werden.
Treibhausgasneutral
… bedeutet, dass sämtliche durch den Menschen und sein Handeln ausgestoßenen Treibhausgase bilanziell null betragen. Dazu zählen nicht nur Kohlendioxid (CO2), sondern auch Methan (CH4), Lachgas (N2O), Schwefelhexafluorid (SF6), Stickstofftrifluorid (NF3) und Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) sowie per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC). Deren Ausstoß wird reduziert und verbleibende Emissionen kompensiert.
Klimaneutral
… heißt genau genommen, dass das menschliche Handeln das Klima nicht beeinflusst. Das umfasst neben der Reduzierung von Treibhausgasen und deren Kompensation auch, dass andere vom Menschen ausgehende, klimawirksame Effekte, wie zum Beispiel die Versauerung der Ozeane und Böden, vollständig vermieden werden.