„Versorgungssicherheit hat für uns höchste Priorität“
Der zweite Winter seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine steht bevor. Wir sprachen mit Jens-Uwe Freitag, Vorsitzender des Vorstands von BS|ENERGY, über die Versorgungslage in der nächsten Heizperiode.
Herr Freitag, langsam werden die Heizungen wieder aufgedreht und der Wärmeverbrauch steigt. Warum warnen Experten, dass die Gasversorgung in diesem Winter noch kritischer werden könnte?
Die gute Nachricht vorweg: Obwohl Deutschland in diesem Jahr vollständig auf russische Gaslieferungen über Nordstream 1 verzichten musste, ist es gelungen, die Speicher frühzeitig zu füllen. Allerdings reichen die vorhandenen Importkapazitäten für Flüssiggas noch nicht aus, um die Gasflüsse aus Russland vollständig zu ersetzen. Der letzte Winter war zum Glück mild. Bei kalter Witterung oder Problemen in einem Lieferland ist leider nicht auszuschließen, dass es in der zweiten Winterhälfte zu Engpässen kommt. Die Bundesnetzagentur hält deshalb an der „Alarmstufe“ des „Notfallplans Gas“ fest.
Wie hat sich BS|ENERGY auf die kommende Heizperiode vorbereitet?
Versorgungssicherheit hat für uns höchste Priorität. Wir haben uns deshalb sehr früh entschieden, die benötigten Gasmengen langfristig am Markt zu sichern. Zudem haben wir unsere Bezugsquellen breiter aufgestellt, da wir als Regionalversorger von überregionalen Vorlieferanten abhängig sind. Für die Wärmeerzeugung steht in diesem Winter erstmals das neue Biomasseheizkraftwerk zur Verfügung. Anders als ursprünglich geplant werden wir außerdem unseren Kohlekessel bis zum Ende der Heizperiode weiter betreiben. Dadurch ist unsere Fernwärmeversorgung unabhängiger vom Brennstoff Gas. Die benötigten Brennstoffe haben wir frühzeitig und in ausreichenden Mengen beschafft.
Und wenn es trotzdem zu einer Gasmangellage kommt?
Ruft die Bundesregierung die „Notfallstufe“ des Notfallplans Gas aus, übernimmt die Bundesnetzagentur Verteilung und Zuteilung der knappen Gasmengen. Dabei arbeitet sie mit den Netzbetreibern zusammen: Die Betreiber der überregionalen Fernleitungsnetze melden regionale Engpässe. Um sie zu beseitigen, kommen die Verteilnetzbetreiber ins Spiel – sie setzen die Verfügungen der Bundesnetzagentur operativ um. Als Betreiber des Braunschweiger Verteilnetzes befasst sich unser Tochterunternehmen BS|NETZ seit letztem Jahr intensiv mit diesem Szenario, unter anderem wurden Prozesse und Abläufe vorbereitet und in Krisenübungen optimiert. Privathaushalte zählen übrigens zu den geschützten Kunden – bis es hier Reduzierungen gibt, werden erst alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft.
Apropos Haushalte – wie wirkt sich der private Gasverbrauch auf die Lage aus?
Die privaten Haushalte sind zusammen mit den kleineren Gewerbekunden für rund 40 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland verantwortlich. Wer seinen Verbrauch reduziert, spart nicht nur Geld, sondern trägt auch dazu bei, dass wir gemeinsam gut durch den Winter kommen.