„Brunswiek Helau!” Deutschlands nördlichste Karnevalshochburg und ihre Wurzeln

Karneval ist eines der ältesten Feste Europas und wurde früher in vielen Regionen aktiv gefeiert. Heutzutage werden vor allem im Rheinland die Traditionen rund um das Fest ausgelebt. Doch auch im Norden gibt es viele treue Jecken, die es zum jährlichen Höhepunkt der Saison nach Braunschweig zum sogenannten „Schoduvel“, dem größten Karnevalsumzug Norddeutschlands, zieht. Doch warum hat es gerade der Braunschweiger „Schoduvel“ zu einer solchen Bekanntheit gebracht?

Spuren bis in die Antike

Der Ursprung des Karnevalfestes geht auf alte Traditionen im antiken Griechenland und Rom zurück. Herren und Sklaven legten sich Masken an und zogen mit Reben gefüllte  Wagen durch die Gassen. Die Feiern waren ausgelassen und zelebrierten das Ende desWinters sowie die Rückkehr des Lichts und der Fruchtbarkeit. Vom europäischen Süden aus wurde die Tradition unter verschiedenen Namen weiter in den Norden getragen und war insbesondere während des Mittelalters weit verbreitet. In Braunschweigs Chroniken finden sich Hinweise, dass bereits 1293 die Fastnacht in der Stadt mit dem symbolischen Schaulaufen des Teufels, dem „Schoduvel“ gefeiert wurde. Spätestens 1474 wurde aus dem Schaulaufen ein großes Fest mit Masken und Kostümen, welches ausführlich im Braunschweiger Urkundenbuch beschrieben ist. Mit der Reformation in Deutschland endete die Zeit des fröhlichen Karnevalfestes in Großteilen des Landes. Luther kritisierte das Fest als Gefahr für die spirituelle Disziplin und die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Glauben. Ausgelassene Feiern, die mit einem Übermaß an Konsum und weltlichen Vergnügen einhergingen, passten nicht zusammen mit dem Streben nach einer einfacheren, biblisch fundierten Form des Christentums. Erst im 18. Jahrhundert feierten die ersten Braunschweiger, laut Aufzeichnungen, wieder ihren Karneval.

In einer riesigen Halle warten die aufwendig gestalteten Wagen auf ihren nächsten Einsatz. Bild: Inga Stang
Karsten Heidrich ist schon seit 1994 als aktiver Karnevalist tätig. Bild: Inga Stang
Entwicklung nach der Reformation

Viele protestantische Städte wie Berlin oder Leipzig versuchten Ende des 19. Jahrhunderts,  die Karnevalstradition wieder als allgemeines Volksfest aufleben zu lassen, mit wenig Erfolg. Bis heute liegt der Fokus im Norden Deutschlands verstärkt auf anderen Festen und Traditionen, wie Erntedank oder regionale Feierlichkeiten. In Braunschweig hingegen konnte die Tradition erfolgreich wiederbelebt werden, was in der Gründung der ersten offiziellen Braunschweiger Karnevalsgesellschaft im Jahr 1872 mündete. Bis heute ist sie einer der wichtigsten und ältesten Karnevalsgesellschaften Deutschlands und richtet gemeinsam mit den zwei weiteren großen Braunschweiger Gesellschaften „Karneval-Vereinigung der Rheinländer e. V.“ und „Mascheroder Karnevalgesellschaft Rot-Weiß von 1965 e. V.“ den modernen „Schoduvel“ in der Löwenstadt aus. 1977 schlossen sich die drei Gesellschaften im „Komitee Braunschweiger Karneval“ zusammen und richteten auf Initiative des Ehrenbürgers und späteren Innenministers Gerhard Glogowski den ersten Braunschweiger Kinder-Karnevalsumzug in Braunschweig aus. Bereits ein Jahr später wollten auch die Erwachsenen mitspielen und begannen den Umzug mit Wägen und Kamellen zu bereichern. Heute nehmen bis zu 130 Wägen und 5.000 Karnevalisten an dem mehrstündigen Spektakel durch die Braunschweiger Innenstadt teil, begleitet und bestaunt von bis zu 300.000 Zuschauenden die aus dem gesamten nördlichen Raum angereist kommen, um gemeinsam zu feiern. Karsten Heidrich, Präsident und erster Vorsitzender der „Karneval-Vereinigung der Rheinländer e.V.“ ist als Geschäftsführer und Zugmarschall des Komitees Braunschweiger Karneval aktiv an der Ausgestaltung der jährlichen Festlichkeiten beteiligt: „Für den Schoduvel sitzen wir das ganze Jahr über regelmäßig in Runden mit bis zu 50 Personen aus Stadt und Komitee und planen die Veranstaltung: Vom letzten Wagen der Alba, die direkt hinter dem Umzug die Stadt wieder sauber macht bis zu den Straßensperrungen.“

Visionen einer närrischen Zukunft

Heidrich ist es jedoch wichtig zu betonen, dass Karneval weit über die Tradition des Umzugs hinausgeht: „Es passiert hier so viel mehr! Am 11. November haben wir zum Beispiel ein Karnevals Biwak auf dem Kohlmarkt gemacht mit Bühnenprogramm und Verkaufsständen und davor die Prinzenproklamation im Altstadtrathaus, die live auf den Platz übertragen wird. Die drei Gesellschaften veranstalten zudem auch einzeln riesengroße Veranstaltungen, die ganze Hallen füllen.“ Langfristig, so der Wunsch der hiesigen Gesellschaften, soll Braunschweig bereits ab dem 11. November überall sichtbar den Karneval und dessen Traditionen fröhlich aufleben lassen. Doch um die eigenen Ziele und Wünsche zu erreichen, müsse man noch mehr tun, meint Heidrich: „Es wäre toll, wenn hier am Rosenmontag zum Beispiel die Menschen auch verkleidet durch die Gegend laufen. In Köln sitzen die Menschen schon jetzt verkleidet beim Friseur. Das wünschen wir uns auch und wollen künftig viel dafür tun. Wir versuchen immer wieder Neues!“

Die Figuren werden in Handarbeit aus Styropor geschnitten. Ein Wagen nimmt mehrere Wochen Arbeit in Anspruch. Bild: Inga Stang
Ebenfalls beim Schoduvel dabei ist ein kleiner Trecker, der fahren und gleichzeitig Musik machen kann. Bild: Inga Stang
Dieses Jahr sind Löwen, Drachen und Pferde an den Wagen des Karneval-Komitees zu finden. Bild: Inga Stang
Um der Corona Zeit zu trotzen, organisierte das Komitee Braunschweiger Karneval einen Mini-Schoduvel, der live gestreamt wurde. Bild: Inga Stang

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