Die Teichlandschaft wurde von den Mönchen angelegt. Heute zählt sie zu den beliebtesten Naherholungsgebieten Braunschweigs. Foto: Michael Eichhorn, www.sehtüchtig.de
Riddagshausen – Naturschutz mit Jahrhunderte alter Tradition
Zwischen der Buchhorst und den Stadtteilen Schapen, Querum und Gliesmarode liegt das Naturschutzgebiet Riddagshausen. Bereits seit 875 Jahren nutzen Menschen diesen Ort – heute vor allem rund um die drei großen Teiche. Familien, Spaziergänger, Sportler und Naturinteressierte freuen sich über die weitläufigen Wege des Naherholungsgebiets und lassen das Stadtbrummen für eine Weile hinter sich. Naturschutz und Nachhaltigkeit werden hier schon seit Jahrhunderten gelebt. Reinhard Wetterau ist Stadtteilheimatpfleger des beliebten grünen Flecks im Osten Braunschweigs und kennt seine Geschichte.
„Die Zisterzienser-Mönche, die sich von den Benediktinern abgespalten hatten, siedelten sich hier um das Jahr 1145 an. Dabei hatten sie eine famose Idee: Sie errichteten ihr Kloster in Nähe der Sumpflandschaft, aus der sie mehrere Teiche zur Befischung ausbauten. Damit sicherten sie ihre Lebensgrundlage“, erklärt Wetterau. „Die elf Teiche, die wir heute sehen, sind allerdings nur die Überreste der einst großen Teichlandschaft. In der Blütezeit des Klosters bewirtschafteten die Mönche 28 Teiche.“
Durch ihre Verbindungen mit ausgeklügelten Ablaufsystemen konnten die Teiche zu jeder Zeit gefüllt oder abgelassen werden. Dies war vor allem für die Fischerei nützlich: Durch den sinkenden Pegel und den Sog zog es die Fische automatisch in die Hände der Mönche, die am Ablaufwarteten. Diese Methode des „Abfischens“ wird bis heute vom Fischereibetrieb Lübbe genutzt. Vier der ursprünglichen Abläufe sind noch in Betrieb.
Beten, arbeiten, lesen, fischen
Im Gegensatz zu den durchaus wohlhabenden Benediktinern interpretierten die Zisterzienser-Mönche den Grundsatz „Ora et Labora“ („bete und arbeite“) als harte körperliche Arbeit und Leben in Demut. Sie bewirtschafteten fleißig ihre Teichlandschaft, pflanzten Reet zur Dachdeckung an und ernteten Getreide, das auf den fruchtbaren Böden der abgelassenen Teiche besonders gut gedieh. Um ihren Fischen eine Frischwasserzufuhr zu bieten, bauten sie den Verlauf der Wabe um, der auch heute noch nordöstlich der Teiche funktioniert. „Die Mönche wussten zu dieser Zeit schon, wie man einen künstlichen Flusslauf mit gleichbleibendem Gefälle anlegt“, erklärt der ehemalige Bauingenieur Wetterau. „Die sehr exakte Nivellierung lässt sich heute noch nachvollziehen. Vor dieser Leistung ziehe ich meinen Hut!“ Die Teiche mit ihren Systemen sind so gut konstruiert, dass sie heute – fast 900 Jahre später – noch weitestgehend funktionieren.
Engagement für die Region: Naturschutz und Heimatpflege
Nicht nur aus technischer und historischer Sicht, sondern auch als Naturerlebnis sind die Teiche sehenswert. Auch deshalb stehen sie seit 1936 unter Schutz. Viele seltene Tierund Pflanzenarten sind hier heimisch. „Die Schlinge hat sich allerdings rund um das Naturschutzgebiet zugezogen“, beklagt Wetterau. Belagerungen, Kriege und schließlich Bebauungen ließen einen Großteil der Teiche verschwinden. Die großen Teiche Kreuzteich, Mittelteich und Schapenbruchteich sind den Braunschweigern erhalten geblieben. „Einen Rückgang der Artenvielfalt können wir auch hier feststellen“, bemerkt Wetterau, „doch hier passiert auch eine Menge.“ Viele freiwillige Helfer verschiedener lokaler Vereine pflegen die Natur rund um Riddagshausen und schaffen z.B. Brut- und Schutzplätze für Vögel und Insekten. Mit Erfolg: „Derzeit sind wir besonders stolz auf unser brütendes Kranichpaar. Auch ein Fischadlerpaar hat sich hier niedergelassen“, freut sich Wetterau. „Mit meiner Arbeit als Heimatpfleger möchte ich zeigen, dass Riddagshausen mehr als ein Naherholungsgebiet ist – eben Naturschutz mit Jahrhunderte alter Tradition.“