Eine Belohnung für den ganzen Tag – Strahlende Gesichter
Als das Projekt Radeln ohne Alter der Bürgerstiftung Braunschweig mit Rikscha-Fahrten für Senioren 2020 startete, war es die größte Freude für Menschen in Seniorenheimen, in der schweren Zeit der Pandemie mal wieder raus in die Natur zu kommen. Seitdem hat sich das Projekt rasant entwickelt. Die roten Rikschas fallen im Stadtgebiet immer öfter auf.
Jörg Hansen ist einer der Piloten der ersten Stunde. Die Ausbildung, um bis zu zwei Passagiere in einer Rikscha-Kabine vor dem Lenkrad zu transportieren, hat er 2019 absolviert. Jeder Fahrer wird speziell geschult, um sich mit den Dreirädern mit Elektro-Unterstützung vertraut zu machen und die Passagiere gefahrlos transportieren zu können.
Die Ausstattung ist hochwertig: Jeder Fahrgast ist mit einem Gurt gesichert, es gibt Verdecke und warme Decken – schließlich scheint nicht jeden Tag die Sonne. Und für die Fahrten gilt: Langsamkeit und Genuss sind Trumpf. Da muss auch mal ein Autofahrer warten, wenn die Rikschas auf den Straßen unterwegs sind.

„Unsere Fahrgäste sollen jeden Ausflug mit allen Sinnen genießen“, sagt Georg Tallig. Wie Jörg Hansen und Wolfgang Jahns, für die Bürgerstiftung einer der Initiatoren des Braunschweiger Projekts, ist er von Anfang an bei Radeln ohne Alter dabei. Die Idee stammt ursprünglich aus Dänemark und fand Nachahmer in vielen Ländern.
In Deutschland ist die Bürgerstiftung Braunschweig einer der größten Anbieter, hat schon 14 Rikschas im Einsatz. Zwei weitere sollen bald dazukommen. Alle wurden durch Sponsoren finanziert. Zwölf der stabilen E-Fahrräder stehen in Senioren-Einrichtungen, die restlichen bei der Stiftung.
Die Fahrgäste können sich für die halb- bis einstündigen Fahrten Ziele wünschen: „Einige wollten mal wieder auf den Kohlmarkt. Wir sind sofort ins Gespräch gekommen über Zeiten, in denen dort noch Autos gefahren sind“, sagt „Schorse“ Tallig. „Ich bin selber 77 Jahre alt und kann mich daran auch noch erinnern“, ergänzt der sportliche und kommunikative Senior.
Neben einem Faible fürs Radfahren sollten Piloten – Interessenten werden stets gesucht – vor allem kommunikativ sein. Denn das ist die Idee von Radeln ohne Alter: „Wir wollen den Menschen, die sonst selten rauskommen und vielleicht einsam sind, etwas Besonderes mit Nachklang bieten“, erklärt der Rikscha-Pilot Jörg Hansen.
Und das sind neben Touren durch die Stadt, Parks oder vielleicht in die Straße, in der sie einst gewohnt haben, vor allem gute Gespräche. „Viele fangen während der Ausflüge an, von früher zu erzählen, andere genießen den Augenblick und plaudern dafür am Ende umso mehr“, teilt Hansen seine Erfahrungen. Es passiere nicht selten, dass zwei Senioren nebeneinander sitzen, die sich kaum kennen, aber beim nächsten Mal unbedingt wieder miteinander fahren möchten. „Viele freuen sich jetzt im Frühling auf Fahrten ins Grüne, um das junge Grün und das Vogelgezwitscher zu genießen“, sagt Jörg Hansen.
Die kommende Zeit im Sommerhalbjahr ist die intensivste Zeit für Rikscha-Fahrten, aber die Piloten der Bürgerstiftung sind längst nicht nur zur Schönwetterzeit unterwegs. Immer häufiger werden die Rikschas für Sonderfahrten zusammengeholt, etwa im Vorjahr zu Lichtparcours-Touren oder Nachmittagsfahrten auf den Weihnachtsmarkt. Da spendeten die Schausteller sogar Applaus.


„In unserem Piloten-Team gibt es viele tolle Ideen“, verrät Georg Tallig. Dazu gehören neben Sonderbuchungen für Senioren gegen eine Spende wie bei eisernen Hochzeiten vor allem Angebote für Menschen, die alleine sind. „Diese Gruppe wollen wir noch besser erreichen als bisher“, betonen Tallig und Hansen.
Auch die Piloten profitieren stark vom ehrenamtlichen Engagement: „Wenn unsere Passagiere aus der Rikscha steigen und übers ganze Gesicht strahlen – das ist für uns eine Belohnung für den ganzen Tag!“, freuen sich die Rikscha-Piloten.
