Braunschweigerinnen und Braunschweiger arbeiten mit im Klimalabor der Bundesrepublik
So will das Projekt KliX³ herausfinden, wie klimaneutrales Leben im Alltag wirklich funktioniert
Mehr als 30 Braunschweigerinnen und Braunschweiger nehmen an einem bisher einzigartigen Forschungsprojekt teil, dem Projekt KliX³. So finden sie heraus, wie sie aktiv das Klima schützen können. Beispielsweise indem sie vegetarisch kochen oder auf Flugreisen verzichten.
Die Universität Freiburg setzt mit KliX³ die erste bundesweite Langzeitstudie zur CO₂-Bilanz privater Haushalte um. Die Stadt Braunschweig ist als eine von mittlerweile 32 Partnerkommunen des Projekts mit im Boot.
KliX³ steht für „Klimaneutral leben in Kommune X – mit dem Dreiklang fürs Klima“. Das Ziel des Projekts: herausfinden, wie klimaneutrales Leben im Alltag tatsächlich gelingt – jenseits theoretischer Modelle und idealisierter Lebensstile. Der Titel ist also Programm. Die Forschenden wollen nicht nur messen, sondern mit den Menschen gemeinsam lernen. Im Zentrum steht die Frage, welche Klimaschutzmaßnahmen private Haushalte tatsächlich umsetzen, wo es dabei hakt – und welche Erfolge möglich sind.

Klimaneutralität im Alltag: Die KliX³-Toolbox liefert Ideen
Die Energiewende, klimafreundliche Mobilität, nachhaltiger Konsum – all das beginnt zu Hause. Private Haushalte verursachen in Deutschland einen erheblichen Teil der CO₂-Emissionen: durch Heizen, Stromverbrauch, Autofahrten oder den Einkauf im Supermarkt. Doch wie kann das Leben so umgestellt werden, dass der persönliche CO₂-Fußabdruck sinkt – und zwar dauerhaft?
Die KliX³-Toolbox zur Erstellung eines individuellen Klimaplans liefert Ideen, die einfach und schnell umgesetzt werden können. Dazu zählt beispielsweise der Kauf von torffreier Blumenerde. Diese Maßnahme trägt zum Erhalt der Moore als CO₂-Speicher bei. Öfter mal vegetarisch kochen, die Heizung etwas niedriger einstellen oder Carsharing ausprobieren – all das hilft, den CO₂-Fußabdruck zu verkleinern.
Die digitale Werkzeugkiste nennt aber auch die persönlichen sogenannten Big Points. Diese Maßnahmen reduzieren den Ausstoß des schädlichen Treibhausgases gleich um mehrere 100 Kilogramm pro Jahr und pro Person. Big Points können je nach Lebenssituation der Teilnehmenden beispielsweise die Anschaffung eines E-Autos, die Installation eines Sparduschkopfes oder der Verzicht auf Flugreisen sein.
„Wir haben über 2.200 Anmeldungen in unserer KliX³-Toolbox – also Personen, die einen persönlichen Klimaplan erstellen und wirksame Klimaschutzmaßnahmen umsetzen möchten“, berichtet KliX³-Projektmanagerin Ursula Harlfinger.
Seit März 2023 begleiten die Forschenden Haushalte in den beteiligten Städten und Gemeinden. Sie dokumentieren konkrete Verhaltensänderungen, ermitteln Einsparpotenziale und beobachten Hindernisse im Alltag – etwa bei der Umstellung auf Ökostrom, beim Kauf energieeffizienter Haushaltsgeräte oder beim Umstieg auf pflanzenbetonte Ernährung.


Braunschweig als lebendiges Reallabor
Braunschweig bringt als Partnerkommune ideale Voraussetzungen mit: eine engagierte Stadtverwaltung, bestehende Klimaschutzkonzepte und eine hohe Bereitschaft der Bevölkerung, sich aktiv einzubringen. Haushalte, die an KliX³ teilnehmen, erhalten Rückmeldungen zu ihrer CO₂-Bilanz, werden bei der Umsetzung von Maßnahmen unterstützt und erleben ganz konkret, wie sich ihr Lebensstil verändert – und was das fürs Klima bedeutet.
Diese enge Begleitung soll ein realistisches Bild vom Transformationsprozess liefern. Denn klar ist: Klimaneutralität gelingt nicht durch Verzicht allein, sondern durch intelligente Veränderungen – beim Wohnen, bei der Mobilität, beim Konsum.
Die ersten Auswertungen haben ergeben, dass die durchschnittlichen Emissionen der teilnehmenden Braunschweiger Haushalte mit 8,6 Tonnen im Jahr 2023 unter dem Bundesdurchschnitt lagen. „Das Projekt spricht natürlich hauptsächlich Menschen an, die schon im Klimaschutz aktiv sind. Das spiegelt sich hier möglicherweise wider“, sagt Franziska Zimmermann vom Team Klimaschutzmanagement der Stadt Braunschweig. Nun ist sie bereits gespannt auf die Auswertung der Bilanz für das Jahr 2024. „Vielleicht hat weiterer effektiver Klimaschutz im Alltag bei den Teilnehmenden bereits Früchte getragen“, sagt sie.
Messen, was wirklich zählt
Die neu entwickelte Plattform zur Erhebung der individuellen CO₂-Bilanzen ist Herzstück des Projekts. Regelmäßig erfassen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dort ihre Lebensgewohnheiten mit dem CO₂-Rechner des Bundesumweltamtes – anonymisiert und datenschutzkonform. Aus den Angaben entstehen differenzierte Profile, die zeigen, wo der stärkste Hebel liegt – die oben erwähnten Big Points. Gleichzeitig liefern sie der Forschung wertvolle Erkenntnisse: etwa darüber, welche Maßnahmen besonders beliebt oder besonders effektiv sind. „Bundesweit sind bisher etwa 900 Personen Teil des CO₂-Rechner-Panels, erstellen also ihre jährliche CO₂-Bilanz und nehmen damit an unserer Langzeitstudie teil“, erklärt Ursula Harlfinger.
Das CO₂-Rechner-Panel ist neben der KliX³-Toolbox eine von drei Säulen des Projekts. Als dritte Säule fungiert eine KliX³-Workshopreihe. Sie besteht aus drei Online-Modulen mit jeweils 90 Minuten. Hier geht es beispielsweise um die Auswertung der persönlichen CO₂-Bilanz und darum, wie die Teilnehmenden ihre Emissionen weiter verringern können.

Zwischen Experiment und Alltag
Das Besondere an KliX³ ist der Ansatz des Alltagsexperiments. Es geht nicht um perfekte Ergebnisse, sondern um echtes Lernen. Fehler und Rückschläge gehören ausdrücklich dazu. Was zählt, ist die Bereitschaft, neue Wege zu gehen – und gemeinsam zu reflektieren, was funktioniert und was nicht.
Dabei steht fest: Klimaneutrales Leben ist keine Frage einzelner Maßnahmen, sondern ein Prozess. Mal gelingt er mühelos, mal erfordert er Kompromisse. Aber: Wer einmal erlebt hat, dass sich Veränderungen lohnen – für die Umwelt, das eigene Wohlbefinden oder den Geldbeutel – bleibt oft dabei.
Einfach mitmachen und Wirkung entfalten
Wenn KliX³ eines zeigt, dann das: Der Weg zur Klimaneutralität ist machbar. Er beginnt im Kleinen, im Alltag – und braucht doch den großen Rahmen. Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft arbeiten hier Hand in Hand. Und Kommunen wie Braunschweig zeigen, dass lokales Engagement nationale Wirkung entfalten kann.
Die Ergebnisse der Studie sollen ab 2026 öffentlich zugänglich sein – und könnten neue Maßstäbe setzen für die Bewertung und Förderung privater Klimaschutzmaßnahmen. Bis dahin ist KliX³ ein großes, offenes Reallabor, an dem sich viele weitere Menschen beteiligen können.
Gelegenheit dazu bietet eine KliX³-Veranstaltung am 19. Juni um 18 Uhr im Nachhaltigkeitszentrum, Bohlweg 55, in Braunschweig. „Dazu sind alle Teilnehmenden und Interessierte herzlich eingeladen. Wir berichten über Ergebnisse aus dem Projekt, machen Klimaschutzbemühungen in Braunschweig sichtbar und möchten Vernetzung ermöglichen“, sagt Mitorganisatorin Franziska Zimmermann.
Weitere Details zur Veranstaltung in Braunschweig sind im Kalender zu finden: https://klix3.de/veranstaltungen
Informieren, anmelden und mitmachen beim Projekt KliX³: https://klix3.de