Gemeinsam für ein stabiles Netz:
Forschungsprojekt flexess abgeschlossen
Die fortschreitende Energiewende bringt Vorteile, aber auch neue Herausforderungen mit sich. Das gilt sowohl für Verbraucher als auch für Energieversorger und Netzbetreiber.




In Braunschweig arbeiten BS|ENERGY, BS|NETZ und KOM|DIA an diversen Forschungsprojekten mit. Die Ergebnisse sollen helfen, die neuen Gegebenheiten gut zu bewältigen und vorteilhaft zu nutzen. „Wir können aus den Forschungsprojekten Erkenntnisse ziehen, die uns in vielerlei Hinsicht voranbringen“, sagt Olaf Bothe von KOM|DIA.
Das gilt auch für das kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekt flexess. Es wurde vom elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig initiiert und zwischen 2019 und 2023 federführend umgesetzt. Ziel war die „Entwicklung von Strategien und Lösungen zur Ausschöpfung zukünftiger Flexibilitätspotenziale vollelektrischer Haushalte, Gewerbe, Industrien und Elektromobilität“. Was zunächst futuristisch klingt, entstand nicht im Labor, sondern unter realen Bedingungen.
So wurden im Rahmen von flexess Möglichkeiten erkundet, das Stromnetz „schonend“ zu belasten. Dynamisches Handeln und die Nutzung flexibler Anlagen sind Wege, um Lastspitzen und Überspannung im Netz zu vermeiden.
Flexible Strukturen sind heute wichtiger als je zuvor und werden weiter an Bedeutung gewinnen. „Früher war die Belastung des Stromnetzes sehr vorhersehbar: Morgens hat man die Kaffeemaschine angeschaltet, mittags wurde Essen gekocht und abends gab es noch einmal eine Spitze. Heute sind ganz andere Lasten im Netz“, erklärt Marlene Spoors, Referentin der Geschäftsführung von BS|NETZ, und verweist auf E-Autos und Wärmepumpen. Die Frage sei, ob das Stromnetz ohne eine vorgeschaltete Steuerung aushalten könne, wenn die Bewohner einer ganzen Straße zum Feierabend ihr E-Auto laden wollen. „Andererseits haben wir auch durch die Einspeisung erneuerbarer Energien ganz andere Energiemengen im Netz, die transferiert werden müssen“, so Spoors.
Flexibilitätspotenzial bietet beispielsweise ein Supermarkt. Wenn überschüssiger Strom im Netz ist, macht es Sinn, die Kühlungen etwas zu erhöhen, um überschüssigen Strom aus dem Netz zu beziehen. In Stunden des Strommangels kann die Kühlung dagegen etwas reduziert werden, um das Netz ebenfalls zu entlasten.
Anhand ihrer Analyse haben die Wissenschaftler festgestellt, dass auch Privathaushalte einen Beitrag zur Netzstabilität leisten können. Beispielsweise, indem sie ihren Stromverbrauch zeitlich verschieben oder einen eigenen Stromspeicher geschickt einsetzen. So wirkt es netzentlastend, eine Batterie – stationär oder mobil – zu laden, wenn viel Strom vorhanden ist. „Gerade im Bereich der Privathaushalte ist Elektromobilität ein großer Flexibilitätstreiber“, sagt Mattias Hadlak, wissenschaftlicher Mitarbeiter im elenia Institut und flexess-Projektleiter, und verweist auf leistungsstarke Batterien in E-Autos.
Mit beispielsweise den neuen flexiblen Tarifen besteht auch für Privatkunden die Möglichkeit, von zeitweise günstigen Strompreisen zu profitieren. „Wenn der Kunde weiß, dass er deutlich weniger zahlt, wenn er sein Auto zum Beispiel zwischen 2 und 4 Uhr nachts lädt, anstatt zwischen 18 und 20 Uhr, wird er das machen“, ist sich Olaf Bothe sicher.
Im Rahmen von flexess wurden nur Flexibilitäten erhoben, die sich auf einen kurzen Zeitraum von maximal einem Tag beziehen. Vor dem Hintergrund des stark gestiegenen Anteils erneuerbarer Energien warten hier neue Aufgaben. „Die große Herausforderung der nächsten Jahre wird sein, die Lastenflexibilität saisonal, also für Sommer und Winter, zu berücksichtigen. Das wäre ein weiteres Forschungsprojekt“, sagt Mattias Hadlak.