Auf dem Weg in die Zukunft der Energieversorgung
In einer Modellanlage in Rautheim nutzt BS|ENERGY Abwärme aus einem Rechenzentrum zur effizienten Wärmeerzeugung für das Baugebiet „Heinrich der Löwe”. Dieses wird so zum modernen Energie Effizienz Quartier (EEQ).
Klimaschutz und Energiesicherheit wird in Deutschland höchste Priorität eingeräumt. Der lokale Energieversorger BS|ENERGY hat sich zusätzlich hohe Ziele gesetzt, sich für die Zukunft modern aufzustellen und geforderte Standards früher zu erreichen, als von der Bundesregierung im Klimaschutzgesetz vorgegeben.
Dabei ist allen längst klar: Es bedarf zur Umsetzung der hochgesteckten deutschen Klimaziele vieler innovativer Konzepte und alternativer Quellen, darunter auch lokale Lösungen, um Strom und Wärme umweltfreundlich dort zu erzeugen, wo Energie benötigt wird. Beispielsweise auch in der Nähe von Wohngebieten. Dabei stehen längst nicht nur Sonnen- und Windenergie sowie Geothermie, also Erdwärme, im Mittelpunkt.
Immer wieder stehen Vorschläge zur Debatte, Abwärme aus Industrieproduktion zu nutzen, um im großen Stil Wohneinheiten mit Wärme zu versorgen. Das ist erstmal eine gute Idee – doch das Vorhaben ist oft nicht so leicht umsetzbar, wie es zunächst scheint. Denn aus ersichtlichen Gründen liegen produzierendes Gewerbe und Wohnstandorte meist weit voneinander entfernt.
Doch dort, wo es günstige lokale Voraussetzungen gibt, können kreative Konzepte der Energieversorgung entstehen, von denen alle Beteiligten profitieren. In Rautheim haben sich BS|ENERGY, die Stadt Braunschweig und Investoren frühzeitig zusammengesetzt, um für das aktuelle Neubaugebiet „Heinrich der Löwe” eine solche innovationsfreudige Vor-Ort-Lösung zu entwickeln.
Auf dem ehemaligen Kasernengelände gibt es bereits ein modernes Rechenzentrum – dort entsteht im Rund-um-die-Uhr-Betrieb verlässlich und dauerhaft (Ab-)Wärme. Diese wird durch ein gemeinsames Projekt von BS|ENERGY und seinem größten Anteilseigner Veolia für die Nahwärmeversorgung des Neubaugebiets mittels einer Wärmepumpe genutzt. Energieeffiziente Neubauten sind besonders für diese Art von Abwärmenutzung geeignet.
Fast am Ende Margarete-Steiff-Straße am nördlichen Rand des Wohngebiets steht an einer Wendeschleife ein auf den ersten Blick unscheinbares graues quadratisches Gebäude ohne Fenster, das es aber in sich hat: Es ist die Energiezentrale für mehr als 600 Wohneinheiten. Diese macht das Neubaugebiet zum Energie Effizienz Quartier „Heinrich der Löwe”.
Das Quartier mit dem zukunftsfähigen Ansatz zur Wärmeversorgung ist Teil eines von der EU geförderten Pilotprojekts namens „ReUseHeat“ (dt. weiter verwendete Wärme). Es wurde aufgelegt, um im städtischen Raum entstehende Abwärme effektiv zu nutzen. Bei Projekten in anderen EU-Ländern wird beispielsweise überprüft, wie Wärme aus dem Abwasser, U-Bahnen und Krankenhäusern genutzt werden kann.
Das Energie Effizienz Quartier „Heinrich der Löwe” hat also Modellcharakter und wurde daher auch im Zuge des EU-Projekts häufiger von in- und ausländischen Energie-Experten besucht.
Die Wärmepumpe „ist seit Ende 2021 in Betrieb und versorgt das Wohngebiet in der Grundlast über ein von der Energiezentrale ausgehendes Nahwärmenetz mit warmem Wasser für Heizung, Küche und Bad“, erläutert Oliver Rosebrock, Technischer Referent von Veolia. Die Übergabe der Wärme an das
Gebäude erfolgt jeweils an einer Hausübergabestation.
Für Spitzenlasten beim Wärmebedarf ist die Energiezentrale zusätzlich an das Braunschweiger Fernwärmenetz angeschlossen. So steht an kalten Tagen bei verstärktem Heizungsbetrieb immer genug Wärme zur Verfügung, die nicht erst durch Anlagen in den Neubauten erzeugt werden
muss. Mit Fernwärme werden bereits andere Wohngebiete im wachsenden Stadtteil Rautheim versorgt. Über das Fernwärmenetz von BS|ENERGY wird heißes Wasser mit Temperaturen zwischen 72 und 130 Grad Celsius vom Heizkraftwerk Mitte an der Hamburger Straße in viele Stadtteile Braunschweigs von Kralenriede im Norden bis Heidberg/Melverode im Süden verteilt.
Die Energiezentrale wurde bewusst in der Nähe des Rechenzentrums geplant, um die Wege für die Abwärmenutzung kurz zu halten.
Braunschweig wächst:
Braunschweig wächst: Im Stadtteil Rautheim ist bereits das Gelände einer zweiten früheren Bundeswehr-Kaserne zu einem Wohngebiet umgewandelt worden. Nach dem ehemaligen Baugebiet „Roselies“ sind in den vergangenen Jahren viele Einfamilienhäuser auf dem Boden der ehemaligen „Heinrich der Löwe”-Kaserne entstanden. Aktuell werden noch weitere Mehrfamilienhäuser in der Nähe eines örtlichen Supermarktes mit Einkaufszentrum gebaut.
Im Prinzip ist die Wärmepumpe in der Heizzentrale eine der Klimaanlagen des Rechenzentrums. Bei dem Prozess in der Energiezentrale, die Abwärme für das Neubaugebiet nutzbar zu machen, wird das warme Wasser aus dem Rechenzentrum als Wärmequelle für die Wärmepumpe in der Energiezentrale genutzt. Dabei kühlt sich das Wasser ab und kann wieder zur Kühlung des Rechenzentrums genutzt werden. Dieser Kreislauf ist fortlaufend.
BS|ENERGY ist insofern auch Dienstleister für den Nachbarn. Die räumliche Nähe von Erzeuger und Verwerter der Abwärme bedeutet für beide Unternehmen eine Win-Win-Situation und macht die Nutzung der Abwärme in diesem Modellprojekt so effektiv.
Kern der Energiezentrale im Rautheimer Energie Effizienz Quartier ist die Wärmepumpe. Sie nutzt nicht wie inzwischen bei immer mehr Ein- und Mehrfamilienhäusern Erdwärme aus einer bestimmten Tiefe, sondern vielmehr das im Rechenzentrum erwärmte Wasser. Dieses kommt mit einer Temperatur von rund 25 Grad Celsius in einem Wärmetauscher des Energiezentrums an.
„Diese Temperatur der Abwärme reicht natürlich nicht aus, um diese direkt zur Wärmeversorgung in den Gebäuden zu nutzen, daher nutzen wir die Wärmepumpe, um die Temperatur auf ca. 70 °C anzuheben“, berichtet Rosebrock. In der Wärmepumpe wird ein Kältemittel – hier CO₂ – bei niedrigen Temperaturen verdampft, danach komprimiert und so steigt die Temperatur. Danach gibt das Kältemittel die Wärme mit der hohen Temperatur ans Nahwärmenetz ab.
„Das System ist sehr effektiv, weil bei der Erzeugung des heißen Wassers für das Wohnquartier im
Oliver Rosebrock, Technischer Referent
Prozess nur zu 25 Prozent Strom benötigt wird und zu 75 Prozent die Abwärme aus dem Rechenzentrum.“
Das ganze läuft in einem geschlossenen Kreislauf ab. Ein Kühlschrank funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Beim EEQ „Heinrich der Löwe” wird bewusst Kohlendioxid als Kältemittel eingesetzt, da es ein natürliches Kältemittel ist und im Vergleich zu synthetischen Kältemitteln als umweltfreundlich gilt. Im Kreislauf in der Energiezentrale entweicht das Gas nicht, sondern wird immer wieder verwendet.
Das von der Wärmepumpe erzeugte warme Wasser wird zu den Gebäuden im Energie Effizienz Quartier „Heinrich der Löwe” geleitet. Dort können die Eigentümer auf die übliche Heiztechnik verzichten.
Sollte im Winter doch zusätzlicher Bedarf an Fernwärme bestehen, wird in der Energiezentrale auch die Zufuhr von Fernwärme geregelt.